TransAlpineRun: Günther’s dream came truth
TransAlpineRun: In 7 Tagen über die Berge von Lech am Arlberg bis zum Reschensee
Wenn Läuferträume in Erfüllung gehen …
Eigentlich war das Thema TAR für mich schon abgehakt, nachdem ich mir dieses große Ziel schon für 2024 vorgenommen hatte, aber bei meiner Teilnahme im letzten Jahr leider nicht alle Etappen erfolgreich beenden konnte. Aber das 20-jährige Jubiläum dieses faszinierendes Etappenrennens über die Alpen mit einer weitestgehend neuen Streckenführung, vorrangig durch Österreich und die Schweiz, motivierte mich letztendlich doch dazu, mich heuer nochmal dieser Herausforderung zu stellen, um mir meinen größten Läufertraum zu erfüllen.
Da auch Daniela Interesse an den beiden ersten Tagen zeigte, fand sich in Abstimmung mit Cheforganisatorin Uta Albrecht eine Möglichkeit, beides zu kombinieren: die ersten beiden Tage zusammen mit Daniela im Team (Run2) und dann die restlichen fünf Etappen alleine als Individual Finisher. Dafür musste ich mich zweimal anmelden und hatte dann auch zwei unterschiedliche Startnummern, die nacheinander zum Einsatz kamen. Eine fast einmalige Konstellation – neben mir gab es nur einen weiteren Läufer mit dieser Kombi.
Mein Übernachtungspaket buchte ich wieder in bewährten Weise mit HOST, auch Daniela wählte diese Option. Nur kein zusätzlicher Stress bei der Zimmersuche!
Nachdem damit die wichtigsten organisatorischen Voraussetzungen erfüllt waren, galt es vor allem, sich durch zielgerichtetes Training und Vorbereitungswettkämpfe auf das große Vorhaben vorzubereiten. Mein Wettkampfkalender war ziemlich voll gepackt und sowohl bei den DM’s über 50 Kilometer, 100 Kilometer, im Ultratrail und den 24 Stunden als auch beim Rennsteiglauf und dem Backyard in Kirchschlag eine Woche vor dem großen Event lief es richtig gut. Auch die Marathons in Regensburg und Füssen liefen super – lediglich beim Salzachultrarun über 238 Kilometer musste ich nach ca. 130 Kilometern passen.
Die letzten beiden Monate galt es vor allem Höhenmeter in den Bergen zu sammeln. Hierfür statteten wir (alleine oder gemeinsam) insbesondere dem Hochfelln des öfteren einen Besuch ab, aber auch der Wilde Kaiser sowie der Geigelstein oder Brünnstein boten ideales Trainingsterrain.
Anreise
Am 05.09. ist es dann endlich soweit, Daniela und ihr Mann Kurt holen mich mit dem Auto in Schwindegg ab und kurz nach 11 Uhr geht es los Richtung Lech am Arlberg. Leider verschlechtert sich das Wetter zusehends und der Regen wird immer stärker je näher wir Richtung Berge kommen. Auch die Temperaturen kennen nur einen Weg – nach unten. Letztendlich erreichen wir unser Ziel in Lech um 15 Uhr bei nur noch 4 Grad umgeben von schneebedeckten Bergen. Aber am Horizont zeichnen sich bereits erste Wolkenlücken ab und als wir uns nach dem Einchecken in unserer Pension wenig später auf den Weg zum Abholen unserer Startunterlagen machen, scheint sogar schon die Sonne bei allerdings sehr kühlen Temperaturen. Nachdem wir alles abgeholt haben machen wir natürlich noch unser Erinnerungsfoto an der TAR-Wand – jetzt sind wir auf jeden Fall schon mal einsatzbereit und hoffen auf möglichst gutes Wetter am nächsten Tag. Um 17 Uhr geht es aber erst mal noch zur Pasta Party, wo gegen 19 Uhr 30 auch das mit Spannung erwartete Briefing für die erste Etappe durch den Renndirektor Martin Hafenmair stattfindet. Und prompt wird wegen des Wintereinbruchs auch gleich die erste Streckenänderung angekündigt – sowas hat es wohl in der 20-jährigen Geschichte des TAR noch nicht gegeben. 350 Höhenmeter fallen weg, die Strecke ist dafür einen Kilometer länger. Das kommt uns natürlich entgegen. Am Abend noch alle Sachen in die große TAR-Tasche gepackt – da Kurt mit dem Auto nach Bludenz kommen will, ersparen wir uns den offiziellen Taschentransport – eine große Erleichterung für den Start am nächsten Tag.
Tag 1 (Lech – Bludenz: 39 Kilometer, 1.450 Hm / 2.350 Hm )
Der Blick aus dem Fenster zeigt strahlend blauen Himmel, aber es ist bitter kalt. Die Scheiben an den Autos sind von einer Eisschicht überzogen. Gegen 7 Uhr machen wir uns auf zum Start und sind dabei erst mal in die falsche Richtung unterwegs. Aber wir haben ja genügend Zeit und reihen uns rechtzeitig in die Schlange zum Check der Pflichtausrüstung ein. Dies wird zur täglichen Routine und ist Voraussetzung für den Start. Leider gibt es im Startareal für die insgesamt ca. 1000 Teilnehmer nur ein Dixi, das sorgt bei einigen für Probleme und ist sicher ein Schwachpunkt in der ansonsten perfekten Orga.
Pünktlich um 8 Uhr erfolgt der Start zur ersten Etappe, jetzt geht es tatsächlich los! Wir starten weit hinten im Feld und lassen es erst mal ruhig angehen. Trotzdem kommen wir ganz gut voran und erreichen VP1 mit über einer halben Stunde Puffer auf den Cut Off. Die Sonne strahlt vom Himmel und langsam wird es wärmer. Der Boden ist durch den getauten Schnee und den Regen des Vortages allerdings recht matschig und rutschig und damit schwierig zu belaufen. Kurz nach VP1 bildet sich leider an einer kleinen felsigen Steigung ein nerviger Stau, der uns ca. 15 Minuten kostet. Einige der LäuferInnen sind da leider sehr vorsichtig und langsam unterwegs. Wenig später rutscht Daniela leider aus und prellt sich dabei die rechte Hand (wie ich erst im Ziel von ihr erfahre). Die Landschaft ist grandios und wir sind weiterhin gut unterwegs. Meistens mache ich wie erwartet das Tempo.
Der Downhill entpuppt sich leider als sehr herausfordernd, es geht oft steil und auf schwierigem Terrain bergab – da lässt ich kaum wie erhofft Zeit gut machen. Zum Glück wurde das Zeitlimit im Vorfeld um eine Stunde verlängert.
Am Ende erreichen wir nach 8:39 Stunden glücklich gemeinsam das Ziel, auf dem letzten Kilometer kommen wir nochmal so richtig ins Rollen. Danach muss Daniela allerdings wegen zunehmender Schmerzen im rechten Handgelenk zum Röntgen ins Krankenhaus. Kurt und ich fahren in der Zwischenzeit nach Brand ins Hotel und hoffen auf positive Nachrichten von Daniela. Zum Glück ist nichts gebrochen, da fällt uns allen ein Stein vom Herzen! Hoffentlich bessert sich die Lage bis morgen. Wir holen Daniela am Krankenhaus ab, danach geht es noch mit der Seilbahn nach oben zur Pasta Party und zum Briefing für den nächsten Tag. Die Strecke ist unverändert und wir benötigen in Teilbereichen auf jeden Fall wieder einen Helm. Um 21 Uhr sind wir wieder gut zurück im Hotel – gut, dass Kurt mit dem Auto vor Ort war, ansonsten wäre das heute alles wohl logistisch nur sehr schwer zu lösen gewesen.
Tag1 und die Hälfte vom Run2 sind damit auf jeden Fall geschafft!
Tag 2 (Bludenz-Brand: 33 Kilometer, 2300 Hm / 1900 Hm )
Kurt fährt uns netterweise um 6 Uhr 50 mit dem Auto zum Start nach Bludenz, mit dem Shuttle hätten wir deutlich früher aufbrechen müssen. Daniela ringt schwer mit sich, ob Sie überhaupt an den Start gehen soll. Sie lässt sich ihr rechtes Handgelenk nochmal tapen und wir stehen um 8 Uhr bei strahlendem Sonnenschein letztendlich doch an der Startlinie. Ein paar Kilometer geht es relativ flach durch den Ort, bevor es am Einstieg zum Trail zu einem Stau kommt. Wieder gehen wertvolle 10 Minuten verloren. Die nächsten paar Kilometer entlang eines Baches laufen erstaunlich gut, auch bei Daniela. Beim ersten Anstieg nach 6 Kilometern ist es damit aber leider schlagartig vorbei, Daniela bekommt große Probleme und muss deutlich Tempo herausnehmen. Wir beschließen, dass ich erst mal alleine bis kurz vor VP1 laufe und dort auf Daniela bis kurz vor den Cut Off warte. Ein Überschreiten würde auch für mich das Ende des TAR bedeuten, im Zweifelsfall muss ich alleine weiterlaufen. Mit großer Freude kann ich Daniela doch noch 20 Minuten vor dem Cut Off in Empfang nehmen und Sie auch überzeugen, doch noch weiterzumachen. Beim Anstieg nach dem VP hat Daniela aber gleich wieder schwer zu kämpfen und so beschließen wir, dass ich erst mal alleine weiterlaufe um nicht Gefahr zu laufen, beim nächsten Cut Off herauszufallen. Beim Anstieg zum höchsten Punkt müssen wir unsere Helme anlegen und oben am Gipfel warte ich wieder auf Daniela. Beim technisch anspruchsvollen Downhill, meine großen Stärke, laufe ich wieder alleine weiter und warte dann ein paar Kilometer vor dem nächsten VP – nachdem ich gut in der Zeit liege und das Zeitlimit inzwischen um eine halbe Stunde verlängert wurde – auf Daniela. 15 Minuten später taucht Daniela auf und wir laufen gemeinsam weiter bis zum nächsten VP. Dort haben wir über eine Stunde Puffer, damit sollten wir doch die letzten 9 Kilometer innerhalb des Zeitlimits schaffen können. Aber es sind nochmal 400 Höhenmeter zu bewältigen und der anschließende Downhill wird auf den letzten Kilometern technisch anspruchsvoll. Da es mit dem Zeitlimit von 9 Stunden nun doch noch knapp werden könnte, laufe ich wieder alleine weiter. 800 Meter vor dem Ziel frage ich einen Streckenposten, wie es nun mit den 9 Stunden Zeitlimit aussieht. Nach Rücksprache mit dem Streckenchef wird auch noch danach gewertet – damit kann ich in Ruhe auf Daniela warten. Überglücklich nehme ich Sie in Empfang und wir schaffen es sogar durch zügiges Tempo auf den letzten 500 Metern die Ziellinie noch unter 9 Stunden zu überqueren. Damit haben wir tatsächlich unser gemeinsames Ziel, den Run2, erfolgreich gemeistert und Teil 1 meiner großen Mission ist erfüllt.
Ich fühle mich sehr gut und sehe den nächsten Etappen optimistisch entgegen. Abends stoßen wir noch zu Dritt bei einem netten Abendessen auf unseren Erfolg an. Morgen wird es richtig ernst auf der „Königsetappe“ nach Klosters, auf der auf knapp 50 Kilometern fast 3000 Höhenmeter zu bewältigen sind. Dafür heißt es dann auch früh aufstehen, der Start erfolgt bereits um 6 Uhr. Zum Glück liegt unser Hotel nur wenige hundert Meter vom Start entfernt.
Tag 3 (Brand- Klosters: 49,5 Kilometer, 3314 Hm / 3132 Hm )
Leider verläuft die Nacht ziemlich unruhig mit Magen-/Darmproblemen. Dabei sind doch die ersten beide Tage so perfekt gelaufen. Die Tasche muss für den Weitertransport ins nächste Hotel in Klosters bereits um 4 Uhr 30 zur Rezeption gebracht werden. Falls ich die Etappe nicht schaffen sollte, gäbe es auf jeden Fall ein größeres logistisches Problem, aber soweit wird es hoffentlich nicht kommen. Zum Frühstück bekomme ich fast nichts hinunter und stehe kurz vor 6 Uhr mit flauem Magen am Start. Daniela ist mit dabei und schickt mich mich mit den besten Wünschen auf den Weg – für sie und ihren Mann geht es heute wieder zurück in die Heimat.
Leider legt sich das flaue Magengefühl auch nach dem Start nicht und ist ein großes Handicap für mich. Den ersten VP nach 6 Kilometern verlasse ich als Vorletzter und danach geht es gleich in einen steilen Anstieg. Oben angekommen muss ich wegen meiner Übelkeit ein paar Minuten pausieren, bevor es zwei Kilometer flach um den See halbwegs passabel weitergeht. Aber es wird einfach nicht besser und nach dem nächsten Anstieg muss ich wieder eine mehrminütige Zwangspause einlegen. Zum Glück läuft es beim anschließenden technisch anspruchsvollen Downhill besser und ich ich kann mich einige Positionen nach vorne arbeiten. Der Weg bis zu VP2 ist mit über 15 Kilometern weit und ich bin froh, dass ich die Curschina Hütte innerhalb des Zeitlimits erreiche. Nach einer Suppe und 20 Minuten Pause fühle ich mich besser und komme beim anschließenden langen Downhill richtig gut ins Rennen. Dabei kann ich auch viele Plätze gut machen. Die letzten Kilometer Richtung VP3 geht es schon wieder bergauf und danach folgt ein schwieriger, 800 Meter langer Anstieg. Mit größter Mühe erreiche ich das Plateau, mir wird wieder richtig übel und ich muss mich hinsetzen und pausieren. Ein Team hilft mir mit einem Riegel und Salztabletten aus, nach ein paar Minuten geht es zum Glück wieder langsam weiter. Mit letzter Kraft schleppe ich mich den letzten kleinen Anstieg zum höchsten Punkt auf 2600 Meter hinauf. Den kenne ich noch aus dem letzten Jahr vom Madrisa Trail und weiß, dass jetzt endlich der (technisch anspruchsvolle) Downhill hinunter nach Klosters kommt. Überraschenderweise bin ich trotz meiner vielen Probleme noch ganz gut im Zeitlimit, das auf 13 Stunden erhöht wurde. Bis zur VP4 läuft es ganz gut, dort halte ich mich nicht mehr lange auf und mache auf dem folgenden steilen Downhill nochmal ganz gutes Tempo und kann dabei einige LäuferInnen überholen. Kurz vor dem Ziel gibt es leider nochmal zwei unangenehme Anstiege, trotzdem schaffe ich es die Ziellinie noch unter 12 Stunden zu überqueren und bin überglücklich, dass ich die Königsetappe trotz der vielen Probleme geschafft habe. Damit ist ein großer Schritt in Richtung TAR gemacht!
Abends gibt es noch eine nette Party in der Sportarena, mein Hotel liegt nur wenige hundert Meter vom Start/Zielbereich entfernt. Das ist super.
Der Start für den morgigen Bergsprint wird aufgrund des vorhergesagten Dauerregens um eine Stunde auf 9 Uhr vorverlegt. Um das Ganze zu entzerren, gibt es Blockstarts im Abstand von 5 Minuten.
Tag 4 (Klosters – Gotschnagrat: 9,4 Kilometer, 1129 Hm / 33 Hm )
Heute Nacht habe ich mal richtig gut geschlafen, das Frühstück schmeckt ausgezeichnet und der Bergsprint auf den Gotschnagrat kann kommen!
Leider setzt pünktlich zum Start ergiebiger Dauerregen ein, da kommt natürlich meine Regenjacke zum Einsatz. Ich starte um 9 Uhr 30 aus dem letzten Block. Zuerst geht es ein paar hundert Meter relativ flach bis zur Seilbahnstation, danach 4 Kilometer mit erträglicher Steigung auf einer Forststrasse bergauf. Ich fühle mich heute richtig gut und finde gut in mein Tempo. Danach geht es in einen Trail durch Wiesen und über schlammige Pfade, immer wieder begegnen wir Kühen, die ihren Teil zum matschigen Untergrund beitragen. Mit der Zeit wird der Pfad immer steiler, aber ich bleibe ganz gut im Rhythmus und kann meine Position halbwegs halten. Ganz am Ende, als es flacher wird, komme ich sogar ins Laufen und kann noch ein paar LäuferInnen überholen. Am Ende überquere ich die Matte in für mich sehr respektablen 2:04:45 Stunden. Im Zielbereich ist es ziemlich kühl, wir sind alle durchnässt und flüchten uns sogleich in die Bergstation. Leider haben auch die Sachen zum Umziehen Nässe abbekommen und so geht es nach einer Stärkung mit Pasta möglichst schnell wieder mit der Seilbahn nach unten. Leider müssen wir dafür längere Zeit in der Schlange stehen.
Zurück im Hotel sorgt eine lange Dusche für Wohlfühltemperatur, danach ist erst mal Entspannung angesagt. Um 17 Uhr gibt es in der Sportarena einen Filmabend, wo zwei Filme über früherer TAR-Ausgaben gezeigt werden. Das erzeugt Gänsehautfeeling. Kurz danach sickert auch die Nachricht durch, dass die fünfte Etappe aufgrund der miserablen Wettervorhersage stark verkürzt wird. Es sind jetzt nur noch 15 Kilometer mit rund 650 Höhenmetern. Das sollte keine Hürde sein und ein weitgehend entspannter Lauftag für morgen.
Abends widme ich mich noch meinen Emails und Treema Nachrichten und telefoniere mit Christine. Meine Familie fiebert immer fleißig mit und verfolgt meine Läufe, das gibt mir zusätzliche Energie. Immerhin schon 4 Etappen erfolgreich absolviert!
Tag 5 (Nusch Dadaint – Zernez: 15 Kilometer, 652 Hm / 754 Hm )
Für die verkürzte Etappe heute gibt es einen „fliegenden“ Start zwischen 9 Uhr und 11 Uhr, ein Novum beim TAR. Um zum Start zu kommen müssen wir mit dem Zug eine halbe Stunde Richtung Scoul fahren, von dort geht es dann nochmal eineinhalb Kilometer zu Fuß bis zum Start. Ich nehme (wie die meisten) den Zug um 8 Uhr 32, da die Tasche für den Weitertransport zum nächsten Hotel ja eh schon um 6 Uhr 30 an der Rezeption stehen muss, heißt es ja eh entsprechend früh aufstehen.
Das Wetter ist genauso schlecht wie vorhergesagt, es regnet in Strömen. Aber bekanntlich gibt es ja kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung.
Auf den Bergaufpassagen geht es nur schleppend voran, dafür läuft es bei den Downhills umso besser. Es sind einige Kilometer dabei, auf denen man es so richtig rollen lassen kann, meinen schnellsten Kilometer absolviere ich in 4:45 Minuten und kann dabei viele Positionen gutmachen. Am höchsten Punkt werden wir wie jeden Tag vom Streckenchef Martin mit seiner großen Kuhglocke begrüßt. Einfach unglaublich, mit welchem Enthusiasmus er bei der Sache ist. Mit meiner Zeit von 2:13:04 Stunden für die 15 Kilometer bin ich am Ende sehr zufrieden, das sind immerhin fast 7 Kilometer pro Stunde. Trotzdem zeigt sich bei den Anstiegen, dass mein Akku doch ziemlich leer ist. Auch wenn nun schon 5 Etappen geschafft sind, stehen noch zwei lange Tage bevor.
Um 13 Uhr geht es mit dem Zug weiter nach Scoul, wo mein nächstes Hotel liegt und das der Zielort für die sechste Etappe ist. Ich bin froh, als ich endlich dort ankomme und freue mich auf die warme Dusche und ein wenig Entspannung.
Nach Tee und Kuchen mache ich einen entspannten kleinen Rundgang durch den wundervoll gelegenen Ort, durch den auch der Inn fliesst. Inzwischen scheint auch die Sonne. Abends gönne ich mir noch ein fabelhaftes Essen im Hotel um die Energiespeicher für die anstrengende morgige Etappe möglichst gut aufzufüllen.
Immerhin sind dabei 34 Kilometer und 2300 Höhenmeter zu bewältigen. Die Wettervorhersage für morgen ist gut!
Tag 6 (Zernez – Scoul: 34 Kilometer, 2296 Hm / 2563 Hm )
Endlich mal wieder eine Etappe, die wie geplant gelaufen werden kann. Um zum Start zu kommen, müssen wir um 6 Uhr 41 mit dem Zug von Scoul nach Zernez fahren, zum Frühstück bringe ich leider wieder nicht viel hinunter. Aber das flaue Gefühl in der Magengegend hält sich zum Glück in Grenzen. Vor dem Start sorgen Tee und eine Banane für weitere Stabilisierung.
Nach einer kleinen Einlaufphase geht es gleich rund 1250 Meter nach oben, vor dem Einstieg in den Trail leider wieder ein Stau von ca. 15 Minuten. Das nervt schon etwas, wertvolle Zeit geht verloren. Ich bin zwar weit hinten im Feld, schaffe es aber ein für mich gleichmäßiges Tempo im Anstieg zu finden und hoffe wieder auf den anschließenden Downhill. Das Wetter und die Ausblicke sind grandios und irgendwann ist der lange Anstieg geschafft. Der anschließende Downhill ist technisch anspruchsvoll, hier kann ich meine Stärke wieder ausspielen und viele LäuferInnen überholen. Trotzdem kann ich nicht soviel Zeit gut machen wie gedacht und erreiche VP1 ca. 20 Minuten vor dem Cut Off (der um eine Stunde verlängert wurde). Heute wir die Cut Off Zeit strikt eingehalten, was einigen ein DNF einbringt.
Nach dem VP geht es leider nochmals sehr steil 700 Hm nach oben, damit habe ich schwer zu kämpfen und komme nur sehr langsam voran. Es ist einfach nur noch wenig Sprit im Tank. Zum Glück kommt irgendwann auch wieder ein Downhill – aber die Bodenverhältnisse sind schwierig: Steine, Wurzeln und matschiger Boden machen das Ganze zu einer rutschigen Angelegenheit. Jetzt nur nicht stürzen!
Auch den nächsten VP erreiche ich ca. 20 Minuten vor dem Cut Off, danach geht es wellig weiter mit nochmals ca. 300 Höhenmetern. Ich quäle mich den letzten giftigen Anstieg hoch, jetzt geht es eigentlich nur noch abwärts. Nachdem auch VP3 rechtzeitig passiert ist, kann nichts mehr schief gehen und am Ende erreiche ich das Ziel in Scoul sogar noch in einer Zeit von unter 8 Stunden. Damit ist auch die sechste Etappe geschafft und ich stehe kurz vor dem Erreichen meines großen Zieles. Dafür gilt es aber auch noch die letzte Etappe erfolgreich zu bewältigen, kein einfaches Unterfangen.
Die Pasta Party findet heute auf der Bergstation der Seilbahn statt- da werden die Lager nochmal bestens für morgen aufgefüllt. Die morgige Etappe erfährt eine kleine Änderung, insgesamt sind es 38 Kilometer mit 2400 Höhenmetern – kein Pappenstiel zum Abschluss einer intensiven Woche.
Tag 7 (Scoul – Reschensee: 38 Kilometer, 2405 Hm / 2105 Hm )
Jetzt ist tatsächlich der letzte Tag angebrochen und ich bin immer noch im Rennen! Die Nacht ist verständlicherweise ein wenig unruhig, um 5 Uhr wache ich auf. Zum Frühstück bringe ich wieder nicht viel runter, aber zum Glück kommt keine Übelkeit auf.
Pünktlich um 8 Uhr erfolgt der Start zur letzten Etappe, die es nochmal in sich hat. So geht es gleich am Anfang stetig bergauf bis zum höchsten Punkt auf knapp 3000 Meter. Insgesamt sind dabei 1775 Höhenmeter zu bewältigen. Zum Glück sind die ersten 8 Kilometer bis zur VP gut machbar, ich finde in ein gleichmäßiges Tempo. Der Himmel ist noch ziemlich wolkenverhangen, es fängt leicht an zu regnen und die Regenjacke kommt zum Einsatz. Nach VP1 gilt es nochmal 500 Höhenmeter durch felsiges Gelände zu bewältigen – eine zähe Angelegenheit. Auch die dünne Luft macht mir zusätzlich zu schaffen und so bin ich froh, als ich endlich Martin mit seiner Glocke am höchsten Punkt begrüßen kann. Jetzt ist der schwierigste Teil geschafft und ich freue mich auf den Downhill, wo ich wieder meine Stärke ausspielen und etliche LäuferInnen überholen kann. Als ich bei der nächste VP ankomme, kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen und langsam macht sich Vorfreude auf ein erfolgreiches TAR Finish breit. Die meisten Höhenmeter sind geschafft und bis zum Ziel am Reschensee geht es nun überwiegend bergab. Jetzt bloß kein Sturz mehr! Den letzten VP erreiche ich nach knapp 7 Stunden, jetzt sind es nur noch 11 Kilometer bis ins Ziel. Die Vorfreude auf den Zieleinlauf steigt. Inzwischen lässt sich die Sonne immer wieder blicken und die ersten Blicke auf den Reschensee erzeugen pures Glücksgefühl. Auf den letzten 5 Kilometern geht es flach um den See – diese nehme ich ganz gemütlich in Angriff und genieße einfach den Moment. Am Ende überquere ich überglücklich nach 8:29:40 Stunden die Ziellinie und bin damit am Ziel meiner Läuferträume angelangt. Nach insgesamt gut 50 Stunden habe ich es tatsächlich geschafft, den TAR mit insgesamt 218 Kilometern und 13.500 Höhenmetern zu meistern!
Im Ziel bleibt leider nicht viel Zeit, ich muss sehen, dass ich den Bus nach St. Valentin erreiche, wo meine Pension ist. Für ein paar Zielfotos ist natürlich Zeit, das Finisher-Bier und den Kaiserschmarren nehme ich natürlich auch noch mit!
Schnell duschen und ein kurzes Telefonat mit Christine, danach geht es weiter zur großen TAR-Abschlussparty im Gipfelrestaurant der Bergbahn. Als erstes können wir das begehrte Finisher T-Shirt in Empfang nehmen, für das wir so hart gekämpft haben. Nach der Pasta beginnt der offizielle Teil mit der Ehrung der GesamtsiegerInnen in den einzelnen Kategorien. Danach folgen die Bilder des Tages und das Video der Woche. Den TAR wird es auf jeden Fall drei weitere Jahre geben – für mich ist das Kapitel wohl abgeschlossen nachdem ich mein großes Ziel ja heuer erreicht habe. Bei der Rückfahrt gibt es ein paar Probleme mit den Bussen, aber um 23 Uhr 45 bin ich wieder gut zurück in meiner Pension. Ich kann es immer noch nicht so richtig glauben, dass ich es tatsächlich geschafft habe und schlafe glücklich und zufrieden ein.
Rückfahrt
Leider fährt der Bus nach München schon um 8 Uhr zurück, gerne hätte ich ein wenig ausgeschlafen. Der Wecker klingelt um 6 Uhr 30, meine Tasche muss ich auch noch packen.
Das Frühstück in der familiären Pension ist ausgezeichnet, da sollte ich nochmal herkommen, um Urlaub zu machen. Unser Bus fährt pünktlich ab und wir kommen kurz vor 12 Uhr in München an. Jetzt noch weiter bis Messestadt Ost und dem Expressbus nach Dorfen, wo mich Christine freudig in Empfang nimmt.
Am Abend feiern wir meinen großen Erfolg noch bei einem guten Essen.
Ganz lieben Dank an Alle, die mich bei meinem Vorhaben unterstützt, an mich geglaubt und mitgefiebert haben!
I made it – und das macht mich einfach nur glücklich.
Günther