Ultraläufer können auch Triathlon – Der Allgäu Kult Triathlon – 22. August 2021
Als ich 2018 damit begonnen habe, neben dem Ultralauf, mich auch für Triathlon zu interessieren, sagten mir damals schon alle Triathleten, die ich so getroffen habe, dass man erst dann ein „richtiger“ Triathlet sei, wenn man den legendären Allgäu Kult Triathlon mitgemacht hat. Also habe ich mich bereits letztes Jahr für diesen Event angemeldet. Corona hat den Triathlon aber dann leider ausfallen lassen, so dass ich erst heuer die Gelegenheit hatte mitzumachen.
Der älteste Triathlon in Deutschland (seit 1983 nun 39. Auflage) findet alljährlich in Immenstadt im Allgäu statt und lockt regelmäßig auch Profi-Triathleten nach Bayern. Zuletzt stellte Ironman Weltmeister Jan Frodeno im Juli dieses Jahres einen neuen Weltrekord über die Langdistanz auf.
Ich hatte für die Mitteldistanz (Allgäu Classic = 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren, 21 km Laufen) gemeldet und reiste bereits Freitagabend nach Immenstadt, wo ich gemeinsam mit Andrea, meiner Partnerin, in einem wunderschönen Gasthof namens „Zum lustigen Hirschen“ nahe Immenstadt eincheckte. Am Samstag holte ich mir dann meine Startunterlagen ab und deponierte mein Fahrrad in der Wechselzone, nachdem mein Impfstatus geprüft worden war. Auch hier galt die 3-G-Regel. Nur geimpfte, getestete oder genesene Personen durften teilnehmen. Andrea hatte sich zudem als Helferin für einen der Verpflegungsstände gemeldet.
Am Sonntagmorgen wurden wir gegen vier Uhr morgens von einem Gewitter geweckt und ich hatte schon Angst, dass die ganze Veranstaltung ins Wasser fallen würde. Bei strömendem Regen gingen wir um 7 Uhr morgens in Richtung Startbereich. Gott sei Dank regnete es „nur“ noch, das Gewitter hatte sich verzogen. Während Andrea zu ihrem Verpflegungsstand ging, schlüpfte ich in meinen Neoprenanzug und begab mich in die Startzone direkt am Alpsee im Ortsteil Bühl. Um kurz nach 8 Uhr wurde meine Startgruppe aufgerufen und ich hüpfte ins Wasser und schwamm zur Startlinie. Das Wasser war mit 21 Grad wärmer als die Luft, welche 17 Grad hatte. Um genau 8.15 Uhr ertönten die Allgäuer Böllerschüsse und es ging los.
Ich kam schnell in meinen Rhythmus und kraulte munter drauf los, quer durch den Alpsee, um verschiedene Bojen herum, bis ich nach knapp 2 km das Ufer erreichte und aus dem Wasser stieg. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich 47 Minuten gebraucht hatte, nur einmal war ich bislang schneller. Hochmotiviert rannte ich in die Wechselzone zu meinem Fahrrad. Der Wettergott hatte nun auch ein Einsehen mit mir und den anderen Teilnehmern, denn es hatte aufgehört zu regnen. Ich pellte mich aus meinem Neoprenanzug, zog meine Radschuhe an, den Helm auf und los ging es auf die Radstrecke.
Nun war ein 45 km langer Rundkurs zweimal zu durchfahren. Bereits nach wenigen Kilometern stand der in der Szene berüchtigte Anstieg am Kalvarienberg an. Mit teilweise 18 Prozent Steigung schnaufte ich, flankiert von zahlreichen Zuschauern, hinauf. Weiter ging es durch wunderbare Landschaften bergauf und bergab durchs Allgäu. Insgesamt mussten 1.300 Höhenmeter mit dem Rad bewältigt werden und erstmalig wurde mir klar, warum diese Veranstaltung im Allgäu als der schwerste Triathlon überhaupt gilt und diesen Kultstatus innehat.
Nach ziemlich genau 3,5 Stunden hatte ich die 90 km absolviert und kam wieder in der Wechselzone an, wo ich mein Fahrrad abstellte, mein Schuhwerk wechselte und in meine Laufschuhe schlüpfte. Ich nahm noch kurz ein Energy Gel und lief los. Jetzt kam meine Disziplin und ich freute mich auf die Laufstrecke. Allerdings hatte mir die anspruchsvolle Radstrecke alles abverlangt, was ich jetzt beim Laufen zu spüren bekam. Zudem war auch die Laufstrecke mit über 300 Höhenmetern sehr profiliert, so dass mir schnell klar wurde, dass ich auf den nun anstehenden 21 km keine Bestzeit mehr laufen würde. Bergauf und bergab ging es nun am Alpsee entlang, bis bei km 16 das Highlight, der sogenannte „Kühsteig“, anstand. Ein unbefestigter Schotterweg von ca. 200 m Länge den Berg hinauf. Mit über 20 Prozent Steigung verlangte der Anstieg mir alles ab. Flankiert von vielen Zuschauern, die jeden Läufer frenetisch anfeuerten, ackerte ich den vom Regen aufgeweichten Weg hinauf.
Das Beste war jedoch, dass ich mit Andrea meinen ganz persönlichen „Verpflegungs-Guide“ hatte. Als ich an ihrem Stand vorbeilief, wartete sie bereits und versorgte mich mit Wasser, Iso und Gel. Besser geht es nicht. An dieser Stelle herzlichen Dank an Andrea, die mich das ganze Rennwochenende so fest unterstützte und meine Launen wegen des schlechten Wetters ertragen musste (dickes Bussi). Ziemlich am Ende meiner Kräfte rettete ich mich dann mit einer Laufzeit von 1:58 Stunden ins Ziel, welches direkt am Alpsee war, dort wo ich genau 6 Stunden und 31 Minuten zuvor gestartet war. Überglücklich und gefeiert von den Zuschauern nahm ich meine Finisher Medaille in Empfang.
Ich weiß jetzt, warum alle Triathleten sagen, dass man einmal im Allgäu an den Start gehen muss. Jetzt bin ich auch ein „richtiger“ Triathlet und ich werde sicher wieder ins Allgäu kommen. Ich stehe schon auf der Warteliste für nächstes Jahr. Im Ziel wurde man mit Kaiserschmarren, Nudeln und anderen leckeren Sachen fürstlich verpflegt. Eine der schönsten und am besten organisierten Veranstaltungen, die ich je erlebt habe. Andrea und ich blieben noch eine Nacht im Allgäu, bevor wir uns Montagvormittag wieder auf den Rückweg machten.
Hier noch ein paar Zahlen. Insgesamt haben 2.700 Athleten teilgenommen, davon knapp 1.500 auf der Mitteldistanz, wovon ich den 803. Gesamtplatz erreichte und in der AK50 Platz 102. Neben dem Allgäu Classic gab es noch die kürzeren Sprint- und Olymp-Bewerbe sowie die Staffelwettbewerbe. Am 12. September gehe ich bei der 11. Auflage des Ingolstadt Triathlons über die gleiche Distanz an den Start, allerdings auf einer wesentlich einfacheren Strecke, weshalb ich mir dort eine Finisherzeit von unter 6 Stunden zum Ziel gesetzt habe. Schaun ma moi…