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Das Bavarian Backyard Trio erfolgreich beim Austria Backyard Ultra

#mirsansvs

Das Bavarian Backyard Trio erfolgreich beim Austria Backyard Ultra

Michael Nitzsche, Günther Weitzer und Rainer Leyendecker vom SV Schwindegg platzieren sich weit vorne in den Backyard Weltjahresbestenlisten

 

Vorspann – Wie alles begann:

Es ist Fünf vor Zwölf am 06. Oktober, als Michael den Überredungskünsten von Günther nachgibt und sich kurz vor Ablauf der Meldefrist für den Austria Backyard Ultra am 16./17. Oktober in Seekirchen am Wallersee nordöstlich von Salzburg anmeldet und die beiden gespannt Wartenden um Mitternacht per Mail informiert. Rainer meldete schon Anfang September am Tag nach seinem 1. Backyard in Lauf an der Pegnitz und Günther zog bald nach, begeistert von Rainers Erzählungen und Berichte über dieses neue Laufformat.

Nun ist das Schwindegger Dreierteam komplett – fehlt nur noch ein passender zugkräftiger Teamname, der nach einigen Abstimmungen alsbald gefunden ist. Bereits Anfang Juli veranstalteten zwei Ultraläufer in Österreich in Frankenmarkt einen 1. Backyard und lassen nun diesen folgen. Jede Stunde erfolgt ein Neustart für die international genormte 6,7056 km lange Strecke und jede/r, der innerhalb einer Stunde die Runde beendet, darf wieder für die nächste Runde an den Start gehen. Das „open end“ Rennen läuft so lange, bis nur noch ein/e Läufer/in eine allerletzte Runde finisht. Geduld ist gefragt und kein Termindruck !

Rainer reist bereits am Freitag Nachmittag zum Strandbad in Seekirchen an, holt sein Starterpaket ab und erkundet die Strecke in der tollen Abendstimmung mit herrlichen Blicken in die verschneiten Alpen inklusive Watzmann. Abends kräftigt er sich im nur 1 km entfernten Gasthaus Zipfwirt und bettet sich dann in seinen Schlafsack im Auto bei 5 Grad Außentemperatur. Am Samstag Morgen um 07.00 Uhr trifft Michael ein und wir bauen seinen Pavillon in optimaler Lage zum Startbereich auf der Wiese auf. Gegen 07.30 Uhr bei Sonnenaufgang kommt auch Günther an, wir stellen unsere 3 Beach Flags auf und richten in Ruhe alle unsere Ausrüstung am Stand mit 2 Tischen und unseren 3 Campingstühlen. Die Spannung steigt und wir fiebern den letzten Sekunden auf der großen Digital-Uhr überm Startbogen und der Startpfeife entgegen.

                 

Chronologie der Renn-Ereignisse – die ersten 12 Stunden:Genau um 09 Uhr ist es so weit und die Welle aus 114 Startern rollt über die Messmatte von Austria Race Result. Dabei sind 22 Damen und 92 Herren und darunter 14 Läufer/innen aus Deutschland. Wir sind eines von 22 gemeldeten Dreierteams und versprechen uns einen Mittelplatz aufgrund unserer Zielvisionen. Unser Kurs führt vom Campinggelände hinaus und zunächst am Bahndamm und dann am Ufer des Wallersees entlang bis zum Strandbad Zell mit einer kleinen Runde und wieder auf gleicher Route zurück mit abschließender Runde um den dortigen Campingplatz (an beiden entferntesten Stellen findet auch eine elektronische Messung statt, so dass niemand abkürzen kann). Insgesamt sind moderate 45 Höhenmeter pro Runde zu überwinden, wobei viele von uns die kleinen Steigungen kraftsparend gehend zurücklegen. Da es nicht auf ein hohes Tempo, sondern auf vielstündige Ausdauer ankommt, bleibt uns viel Zeit und Puste zum Plaudern mit den wenigen bekannten und Kontakte knüpfen mit den vielen neuen Gesichtern.

Die ersten Stunden kommt unser Trio in etwa 45-49 Minuten zur Messmatte, danach forciert Michael, um sich längere Ruhephasen sitzend an unserem Pavillon zu gönnen. Nach 7 Runden = knapp 47 km haben alle einen Ultra geschafft, ein Teil der Aktiven steigt bereits aus und es gehen noch 85 Läufer/innen um 16 Uhr auf die nächste Runde. Tagsüber ist es heiter bis wolkig, aber diesig, so dass wir die Alpen nur erahnen können. Ab 18 Uhr besteht Stirnlampenlicht und ab 19 Uhr ist es schon richtig dunkel auf der überwiegend unbeleuchteten Strecke. Außerdem wird es merklich kühler und feuchter, so dass wir uns wärmer anziehen und meist Handschuhe tragen müssen.

Um 19 Uhr ist mit 10 Stunden = gelaufenen 67,06 km wieder eine magische Marke erreicht. Erneut begnügen sich viele mit dieser Leistung, sofern sie nicht zu langsam sind und für die Folgerunde nicht rechtzeitig starten können. Das Feld verkleinert sich bis dahin um weitere 30 Personen und nur noch 54 sind im Rennen. Unser Trio ist noch gut drauf, kann bei jeder Pause Energie tanken beim Verpflegungs- und Getränkestand, wo es auch eine heiße Suppe und belegte Toastbrote gibt, und von ihrem eigenen Bestand an bewährten Lieblingssachen zehren. Die Kälte macht uns nun schon zu schaffen und die Kräfte lassen nach, so dass sich die Durchlaufzeiten von Günther und Rainer auf rund 50 Minuten einpendeln, während Michael als Neuling bei seinem erst dritten Ultra noch um 45 Min./Runde laufen kann.

                 

Bei unserer Pause kurz vor dem Pfiff zur 12. Runde um 20 Uhr beginnt Günther zu zweifeln, ob er neu starten soll, doch seine Teampartner überreden und überzeugen ihn, es noch mal zu versuchen, damit er wenigstens einen halben Tag Lauferei zu Buche stehen hat. Rainer denkt auch schon mal laut ans Aufhören nach 12 Stunden, während Michael noch ein paar Runden absolvieren will. Aber es gibt noch keine objektiv limitierenden Gründe, schon die Segel zu streichen. So rafft sich Günther um 21 Uhr erneut auf, zehrt von seiner zweiten und letzten Luft und bringt seine finale 13. Runde nach einem sehr mühsamen Start mit seiner unglaublichen mentalen Stärke ordentlich in 55 Min. und nach 87,2 km hinter sich. Er darf als erster von uns seinen an einem Fußband befestigten Chip eintauschen gegen eine ansehnliche hölzerne „Survivor“ Baumscheibe.

Chronologie der Renn-Ereignisse – die letzten 14 Stunden:

Rainer fühlt sich noch brauchbar gut (in Lauf schaffte er ja bereits 12 Runden), auch wenn er meist im allerletzten Viertel der Verbliebenen weiter läuft, und die 14. Runde mit 55 Min. stimmt optimistisch. Doch in der nächsten Runde geht ihm überraschend die Luft aus und kann er nur noch im Schein seiner Stirnlampe einsam als Allerletzter dahintraben. Günther und Michael fiebern am Pavillon schon seinem Eintreffen besorgt entgegen. Aber um Eins vor Zwölf, also genau 1 Minute vor Mitternacht, ist Rainer nach zügigeren letzten 2 km gerade rechtzeitig da und überquert die Messmatte. Das war knapp, aber 15 Runden und damit 100,7 km sind gepackt. Auch 24 andere Läufer/innen treten danach nicht mehr an. Michael ist weiterhin im Flow und kann auch die nächsten Runden unter 50 Min. abspulen. Doch nach 18 Runden ist es genug für ihn und er entscheidet sich zum Aufhören (wie 2 weitere Läufer), um sich nicht zu verausgaben. Grandiose 120,7 km hat er zurückgelegt – genauso viel wie die überglückliche beste Dame Petra Arlt. Nun heißt es für unser erfolgreiches Trio, jeweils ein paar Stunden in den Autos zu schlafen, während noch 5 Läufer/innen morgens um 03 Uhr bei aufkommendem Nebel in der Dunkelheit verschwinden.

Michael fährt früh morgens nach Hause zu seiner Familie, Günther ist bereits zum Sonnenaufgang aktiv und baut einen Teil unseres Standes ab. Rainer zeigt sich erst um 8 Uhr, als nur noch zwei Läufer auf die 24. Runde gehen und auch diese zügig beenden. Somit haben sie genau 100 Meilen = 160,9 km in der Tasche. In der 25. Runde ist Wolfgang Michl bereits nach 35 Min. locker zurück, während Mario Sturmlechner etwas entkräftet erst nach 43 Min. eintrudelt und sich zum Aufhören entscheidet. Nun spult Wolfgang noch seine 26. Runde in 32 Min. ab und lässt sich von den wenigen verbliebenen Läufern und Betreuern sowie dem Orga-Team und den Zuschauern nach 174,35 km als einziger Finisher feiern. Ab 11 Uhr haben alle Feierabend und bauen Günther und Rainer den taufeuchten Pavillon ab und treten ihre Heimreise an.

           

Sehr erfreuliches Fazit für das Bavarian Backyard Trio

Mit Spannung erwarten wir die finale Auswertung dieses erst 2. Backyards in Österreich und deren Präsentation im Internet. WOW – Michael wird sogar 5. gesamt mit 13:35 Std. reiner Laufzeit und 3. seiner starken AK 35. Günther belegt mit 10:46 Std. Rang 44 und siegt in seiner AK 60. Und Rainer platziert sich mit 12:26 Std. auf Position 18, ebenfalls mit AK Sieg in der M 65. Bei der Teamwertung erreicht unser Trio mit 46 Runden, 36:47 Std. summierter Laufzeit und 308,5 gelaufenen Kilometern den bravourösen 6. Rang. Nur eine Spielerei: Hätte Michael noch 1 Runde und Günther oder Rainer noch 1 Runde gepackt, wären wir Dritter geworden (wenn die 3 Teams vor uns keine Runden mehr absolviert hätten).

Keine Spielerei: Sobald unsere Ergebnisse in ein paar Tagen in die weltweite DUV Statistik eingeflossen sind, finden wir Drei uns weit vorne in den aktuellen Weltjahresbestenlisten 2021 (Stand 18. Okt. – einige Backyard Rennen weltweit folgen ja noch !): Michael kommt in die Top 100 in seiner AK 35, Günther liegt um Platz 25 in seiner AK 60 und Rainer in seiner AK 65 sogar auf Rang 4 zusammen mit dem deutschen Top-Läufer Hans-Dieter Jancker und dem Franzosen Jean-Louis Vidal. Hätte er noch 1 Runde meistern können, würde er aktuell in der ewigen M 65 Weltbestenliste der DUV Statistik auf Position 3 kommen, aber mit seinem nun 6. Rang ist er auch bestens bedient.

 

Text Rainer Leyendecker ; Fotos Rainer und Günther Weitzer