Impressionen vom 7. Innsbrucker Alpine Trailrun Festival am 7. Mai 2022
Das 7. Innsbrucker Alpine Trailrun Festival
Text und Fotos von Rainer Leyendecker
Vom 05. bis 07. Mai 2022 fand bereits die 7. Auflage dieses inzwischen größten Trailrun Events in Österreich statt – IATF. Als Basislager diente die Olympiaworld neben dem Tivoli-Fußballstadion im Süden der Stadt in Sichtweite der Skisprungschanze Bergisel. Meine Distanz bei meiner Premiere hier war die 62 km Strecke mit 1.700 Höhenmetern (hm). Es gab auch längere Bewerbe über 79 km mit 3.000 hm sowie 98 km mit 4.400 hm und kürzere Strecken: den Trail Marathon mit 1.600 hm, das Discovery Race über 32 km mit 1.500 hm, den Trail HM mit 25 km und 450 hm sowie den Rockie Trailrun 13 km mit 350 hm und einen 7 km langen Night Trail mit 370 hm. Eine Hälfte startete auf dem Freigelände der Olympiaworld und die andere außerhalb von Innsbruck mit Shuttlebus-Service, aber alle 8 Läufe endeten unter dem Zielbogen der Olympiaworld mit Zielschluss bis 20 Uhr. Die unterschiedlichen Distanzen verliefen überwiegend auf den gleichen Streckenabschnitten, was die Logistik und Versorgung der Aktiven an den 11 gut sortierten und mit freundlichen Helfern besetzten VPs sowie die Streckenkontrollen, Straßenposten sowie Messung der Live-Stream-Zwischenzeiten sehr erleichterte.
Zur Vorgeschichte und dem Vorprogramm am Freitag
Organisator ist seit Beginn die „Laufwerkstatt“ mit Geschäftsführer Alexander Pittl und inzwischen einem Team von über 200 Mitarbeitenden und Volunteers. Nach zwei pandemie-geprägten Jahren war der Run auf die begehrten Startplätze heuer groß und rechnete man mit rund 3.000 Anmeldungen von Läufern aus fast 60 Nationen weltweit, wobei die Teilnehmer aus Österreich und Deutschland die große Mehrheit bildeten. Letztlich summierten sich die gemeldeten Teilnehmer auf 2.746 und gab es 2.283 Finisher (nur 65 Akteure kamen nicht ins Ziel, doch 398 gingen erst gar nicht an den Start).
Das IATF begann am 05. Mai abends mit dem 7 km Night Trail und der Business Trail Dreier-Teamwertung als After Work Run. Am 06. Mai stand für viele die Anreise nach Innsbruck sowie das Registrieren und Abholen der Unterlagen mit Kontrolle der Pflichtausrüstung inkl. Regenjacke und 1. Hilfe-Set sowie der Aufenthalt in der Olympiaworld im Vordergrund. Hier boten einige Ausrüstungsfirmen ihre Waren an und konnten wir uns auch verpflegen. Im Angebot waren Flammkuchen, Falafel-Rollen, Tiroler Quesadilla und Pommes – und dafür gab es einen 5 € Gutschein. Höhepunkt war das abendliche Briefing von 18 bis 19 Uhr, welches mit einem Paukenschlag begann und von vielen hunderten Aktiven gut besucht war.
Alexander Pittl verkündete, dass vom 01. bis 10. Juni 2023 laut Entscheidung am Tag zuvor die World Mountain & Trail Running Championships (WMTRC) in der Region Innsbruck – Stubai stattfinden werden – mit dem 8. IATF als Rahmenprogramm. Was für ein Einstieg in das Briefing zu den einzelnen Strecken. Das Wetter der letzten Tage brachte sehr viel Regen und in höheren Regionen auch Schnee und erschwerte für alle die Bodenverhältnisse. Aber nur der exponierteste Teile der längsten Strecke und des neuen Discovery Race wurde um den verschneiten Gipfel des 2.246 m hohen Innsbrucker Hausberges Patscherkofel um 5 km gekürzt. Nach dem Briefing begann es wieder leicht zu regnen und lichteten sich bald die Reihen. Aber ab 23 Uhr erschienen schon Ultra-Langläufer über 98 und 79 km, welche um Mitternacht mit ihren Stirnlampen starteten.
Impressionen der 1. Halbzeit meines 63 km Rennens
Diesen Panorama Ultratrail hatte ich mir einfacher vorgestellt, er erwies sich aber viel schwieriger. Bereits um 07:30 Uhr startete der Marathon und eine Stunde später waren wir dran (250 Aktive), gefolgt vom 32 km Rennen um 09:30 Uhr. Erst um 13 Uhr begann der 25 km und um 16 Uhr der 13 km Bewerb. Seit dem Vorabend rieselte es aus den dichten Wolken über Innsbruck oder fiel leichter Dauerregen. Morgens hielt das Wetter an und waren rund um die Stadt wegen der tiefen Wolken gar keine Berge zu sehen. Immerhin blies kaum ein Wind und war es nur um die 10 Grad kühl, also alles im grünen Bereich. Wie bei den anderen langen Distanzen, hatten wir beim Anmelden die Wahl zwischen Elite, Ambitioniert und Genussläufer – und in dieser Reihenfolge sortierten wir uns im Starterfeld ein. Bei meiner Anmeldung als einzigem Vertreter für das Ultralaufteam des SV Schwindegg klickte ich euphorisch auf den mittleren Button, aber morgens am Start ahnte ich schon, dass ich bei so wenig Bergtraining kaum ambitioniert die Steigungen hoch käme und es somit dort auch wenig Genuss sein würde.
Jetzt starteten wir auf rund 580 m NN den ersten KM in flottem Tempo, bevor uns die 1. Steigung hinauf zum „Tirol Panorama“ ausbremste. Nach kurzem Ablaufen auf einem Serpentinenweg erreichten wir die in Richtung Brennerpass führende Sillschlucht, der wir einige KM folgten. Diese Passage erwies sich als echter Single Trail mit wenig Überholmöglichkeiten. Beim Dorf Gärberbach ging es aus der Schlucht heraus und begann unser langer Anstieg nach Natters. Auf dem Hochplateau folgten wir dem welligen Terrain bis zum 1. Versorgungspunkt (VP) nach fast 12 km am Natterer See auf 820 m Höhe. Bis hierher war ich schon gut 90 Min. unterwegs und wurde ich oft überholt. Weiter auf und ab, mal über Wege, mal über Trails, erreichten wir auf dem Akademikersteig nach 5 km den 2. VP bei Birgitz auf 860 m Höhe. Endlich führte unsere Route meist abwärts ins Inntal und dann sogar für gut 1 KM eben am Inn entlang und über die Autobrücke nahe des Flughafens Kranebitten auf die Nordseite des Inns und damit in die Ausläufer des Karwendelgebirges.
Das Streckendiagramm ließ schon erahnen, dass es steil wird, dazu kamen viel Wurzelwerk und Steine. Ich empfand mich beim Hochkeuchen nicht mal als ambitionierter Wanderer, aber anderen erging es ähnlich. Schließlich passierten wir über den Stangen- und den Knappensteig wieder mal richtige Wege, von denen wir bald erneut auf Trails umgeleitet wurden. Endlich nach etwa 31 km tauchte VP3 auf, das sog. Höttinger Bild auf 905 m Höhe, und gönnte ich mir nach gut 4 Std. meine Halbzeitpause mit einigen Leckerbissen am Stand und füllte ich meine 3 Trinkflaschen auf.
Die 2. Halbzeit bis zu meinem Finale in der Olympiaworld
Weiter entlang der Südflanke des Karwendels ging es im wahrsten Sinne des Wortes bis auf fast 1.100 m NN hinauf und wurde es empfindlich kühl bei anhaltendem Nieselregen. Und noch ein Aufschwung war zu meistern, bevor wir unter der Trasse der Nordkettenbahn durchliefen, deren Gondeln von Hoch-Innsbruck bis zur Karstube auf 2.269 m unter der Hafelekarspitze hochfahren. Nun durften wir meist abwärts laufen, passierten die zur Einkehr einladende Arzler Alm und folgten der Beschilderung hoch über das Thaurer Schlössl. Bald erreichten wir bei KM 42 den VP4 beim Romediwirt (805 m NN). Fast 6 Stunden brauchte ich für diese Marathondistanz. Nach den vielen Trails verlief die Route jetzt auf dem Adolf-Pichler-Weg fast eben weiter, bevor wir in die mittelalterliche Stadt Hall (620 m NN) hinab liefen. Durch die sehenswerte restaurierte Altstadt wurden wir in den Innenhof der Münze in der Burg Hasegg mit VP5 geleitet. Hier bot sich mir nach gut 48 km und 6:42 Std. Laufzeit wieder eine Rast zum Auftanken an.
Denn jetzt ging es nach Queren des Inns über eine Fußgänger-Holzbrücke zur Südseite auf einen lange ansteigenden Trail, den ich nur gehend bewältigte, hinauf zum letzten Kamm auf rund 900 m NN, zuletzt über einige Wurzelpfade im Wald. Und endlich führten uns die Markierungen bergab zum VP6 am Herzsee bei KM 56 auf 810 m NN. Nun konnten wir es downhill ins Tal rollen lassen über Trails und Wege. Und nach Unterqueren der Autobahn waren die letzten der 1.700 Höhenmeter geschafft. Nur noch 1 km flach liefen wir hinein ins Freigelände der Olympiaworld und kamen wir nach Durchlaufen des Zielbogens zum Stehen. Nach 8:42 Std. empfing ich meine Medaille im Nieselregen und war ich froh, es mal wieder geschafft zu haben. Es reichte sogar zum Gewinn meiner Altersklasse M 65. Zurück im Auto zum Umziehen, prasselten die Regentropfen aufs Dach. So entschied ich mich, doch direkt heimzufahren. So verpasste ich leider die After Race Party ab 19 Uhr mit den Siegerehrungen aller Distanzen ab 20 Uhr im nassen Outdoor-Bereich. Gerne bin ich bei der 8. Auflage des Festivals im Juni 2023 wieder dabei und schaue ich mir auch die spannenden Wettbewerbe der Berg- und Trailweltmeisterschaften an.