SUR 230 – unser Günther will’s wissen
Salzach Ultra Run – 238 Kilometer entlang das Tauernradwegs von Krimml bis nach Überackern
238 Kilometer entlang der Salzach von der Quelle bis zur Mündung – was für eine faszinierende Idee!
Bei damit Österreichs längstem Ultralauf musste ich unbedingt mit dabei sein!
Für die Teilnahme war eine schriftliche Bewerbung erforderlich und ich war überglücklich, als ich kurz vor Weihnachten 2024 die Zusage mit den Worten „ Dein Training hat nun offiziell einen Zweck“ seitens des Orga-Teams rund um Norbert Lüftenegger, Christian Neyka und Matthias Mayer erhielt.
Zwingende Voraussetzung für die Teilnahme war die Begleitung durch eine Crew (in Anlehnung an das Konzept bei der Tortour der Ruhr). Hierfür konnte ich dankenswerterweise meine Lauffreunde Heike Würfl, Daniela Nemela und Christian Jakob gewinnen.
Jetzt galt es fleißig zu trainieren und auch einige Vorbereitungswettkämpfe zu absolvieren, mein Terminkalender war voll gefüllt. Die Zwischenstationen mit den deutschen Meisterschaften über 50 Kilometer, 100 Kilometer, Ultratrail sowie über die 24h und beim Rennsteiglauf verliefen vielversprechend, auch der letzte Härtetest beim Backyard in Frankenmarkt zwei Wochen vor dem Start lief es mit 15 Runden und gut 100 Kilometern gut.
Am Freitag (11.07.) starteten Daniela, Christian und ich mit dem voll gepackten Vereinsbus Richtung Krimml. Neben jeder Menge Verpflegung (auf der Strecke gab es nur ca. alle 30 Kilometer einen offiziellen Verpflegungspunkt) hatten wir auch ein Fahrrad für die Begleitung mit dabei. Nach drei Stunden Fahrt kamen wir gut in unserer Unterkunft nur wenige Kilometer von Krimml entfernt an. Nachdem wir uns gestärkt hatten und der Regen durchgezogen war, schauten wir natürlich noch zu den größten Wasserfällen Europas. Durch den vielen Regen der letzten Tage bot der Wasserfall ein wahrlich imposantes Naturschauspiel.
In der Nacht war der Regen zum Glück durchgezogen und so konnte es nach dem Abholen der Startunterlagen tatsächlich losgehen. Nach einem kurzen Briefing startete ich pünktlich um 7 Uhr als einer von nur 15 Verwegenen (11 Männer und 4 Frauen), die dieses extreme Unterfangen in Angriff nehmen wollten. Alleine der Start direkt am Wasserfall erzeugte Gänsehautfeeling und wird unvergesslich bleiben.
Bei idealen Lauftemperaturen fand ich ganz gut in mein Tempo, ab Kilometer 10 begleitete mich Daniela mit dem Fahrrad. Wie erwartet zog sich das kleine Teilnehmerfeld schnell auseinander. Nur Anke Kütbach lief in etwa das gleiche Tempo wie ich. Die Strecke folgte zwar überwiegend dem Tauernradweg, es gab jedoch auch einige Abweichungen. Spezielle Markierungen auf der Strecke gab es nicht, hierfür war der entsprechende GPS-Track auf der Uhr erforderlich. Eine Tatsache, die bei mir ein ungutes Gefühl erzeugte. Mit so etwas habe ich nur wenig Erfahrung und aufgrund des für mich sehr engen Zeitlimits von nur 38 Stunden konnte ich mir ein Verlaufen eigentlich nicht erlauben.
Schon vor VP2 passierte mir das erste Malheur und ich lief eine kleine Extraschleife, die mich ca. 1 Kilometer zusätzlich und 10 Minuten Zeitverlust kostete. Mit Frust im Bauch beschleunigte ich und versuchte dadurch wieder ein wenig Zeit aufzuholen und schaffte es damit auch wieder auf meine Mitläuferin Anke Kütbach, die bis dahin ungefähr in meinem Tempo lief, aufzuschließen.
Am VP2 hatte ca. 40 Minuten Puffer auf den Cut Off und lag damit gut im Plan, ab diesem Zeitpunkt lief Christian mit mir mit. Auf den nächsten 30 Kilometern bis zum nächsten VP in Taxenbach lief es richtig gut, auch wenn die Temperaturen inzwischen deutlich gestiegen waren. Gerade die letzten Kilometer durch Taxenbach direkt neben der Strasse waren schon etwas nervtötend und wir waren froh, als wir den VP glücklich erreicht hatten. Hier wurden wir mit Applaus empfangen und es gab Nudeln zur Stärkung. In Taxenbach erfolgte auch der Start der 100 Meilen Läufer. Beim Verlassen des VPs um 17 Uhr 30 hatte ich genau eine Stunde Puffer auf den Cut Off, alles im Plan.
Der nächste Abschnitt nach St. Johann entpuppte sich als echte Herausforderung mit einem anspruchsvollen Profil, das viele kräftezehrende Anstiege, aber auch einige Gefällstrecken, auf denen man es gut laufen lassen konnte, aufwies. Eigentlich war ich ganz gut unterwegs, aber leider machte uns das GPS wieder einen Strich durch die Rechnung und unsere Uhren zeigten unterschiedliche Ergebnisse an. Inzwischen war auch wieder ein Läufer, den ich am letzten VP überholt hatte, zusammen mit seinem Begleitradler zu uns aufgelaufen. Unschlüssig standen wir da, ob wir nun wieder zurücklaufen sollten, obwohl wir den halben Anstieg schon bewältigt hatten, oder dem eingeschlagenen Weg folgen sollten. Letztendlich entschieden wir uns für das Zurücklaufen, was im Nachhinein leider ein Fehler war und mindestens 15 Minuten Zeit und zusätzliche Energie gekostet hat. Inzwischen zeigte meiner Uhr schon 3,5 Kilometer mehr als die offizielle Streckenlänge an und ich war ziemlich gefrustet.
Auch einen Regenschauer nahmen wir noch mit, wurden aber mit einem farbenprächtigen Regenbogen dafür entschädigt. Bei Kilometer 95 traf Heike auf uns, die ab sofort unsere Crew zusätzlich verstärkte. Auf der nachfolgenden steilen Bergabpassage gab ich nochmal Richtung Gas, um wieder ein wenig Zeit für den nächsten VP in St. Johann herauszulaufen. Einen Kilometer schaffte ich dabei sogar noch in einem Tempo von nur knapp über 5 Minuten – und das bei Kilometer 98!
Jetzt waren es nur noch wenige Kilometer bis zum nächsten VP in St. Johann bei Kilometer 103 und ich war guter Dinge. Doch dann kamen wir am Ortseingang wieder zu einer Gabelung und wussten nicht, welchen Abzweig wir nehmen sollten. Das GPS auf den Uhren lieferte hier keinen klaren Hinweis. Wertvolle Minuten verrannen und inzwischen hatte auch mein Mitläufer die Lücke wieder geschlossen. Auch dort herrschte Ratlosigkeit, wie es nun weitergehen sollte. Bis wir dann endlich den etwas versteckt liegenden VP gefunden hatten, waren wieder ca. 15 Minuten wertvolle Zeit verloren und ich war sichtlich gefrustet. Immerhin hatte ich noch 40 Minuten Zeit bis zum Cut off, geplant hatte ich aber mit mindestens eineinhalb Stunden.
Jetzt brach die Dunkelheit herein, was die Orientierung zusätzlich erschwerte. Zudem gestaltete sich die Nahrungsaufnahme zunehmend schwierig. Trotzdem kämpfte ich mich tapfer weiter voran, Heike begleitete mich nun auf dem Fahrrad.
Bis Bischofshofen lief es immer an der Salzach entlang wieder ganz gut. Als ich dann einen Becher warme Gemüsebrühe zu mir nahm, wurde mir jedoch übel, was ein vernünftiges Weiterlaufen verhinderte. Warmer Tee sorgte nur für eine kurzzeitige Besserung. Immerhin hatte ich inzwischen die Hälfte der Strecke geschafft. Bei Kilometer 121 ging es definitiv nicht mehr weiter und ich musste im Bus eine 45 minütige Zwangspause einlegen, um überhaupt wieder weitermachen zu können. Damit war der nächste VP bei Pass Lueg (Kilometer 134) natürlich nicht mehr vor dem Cut Off um 3 Uhr zu erreichen. Trotzdem raffte ich mich nochmal auf und machte machte mich mit Christian wieder auf den Weg. Bei Kilometer 128 (meine Uhr zeigte inzwischen 133,3 Kilometer an) und 19 Stunden 40 Minuten, kurz vor dem Anstieg nach Pass Lueg, traf Matthias vom ORGA-Team auf uns und fragte mich wie es weitergehen sollte. Nach kurzem Gespräch und Überlegen, überredete er mich dazu das Rennen vorzeitig zu beenden. Wirklich schade, dass damit mein Traum vom erfolgreichen Finish geplatzt war, aber es war wohl die richtige Entscheidung und ich hatte alles gegeben und mich in dem kleinen Starterfeld gut verkauft (inzwischen waren nur noch 7 LäuferInnen im Rennen).
Nach einer kleiner Stärkung am VP ging es wieder zurück in die Heimat. Was für ein unvergessliches Erlebnis, auch wenn es leider nicht mit einem erfolgreichen Finish belohnt wurde.
Ein ganz großes Dankeschön geht an meine Crew (Heike, Daniela und Christian), die mich jederzeit nach besten Kräften unterstützt haben. Ohne Euch hätte ich das nie so gut hingebracht! Das war eine grandiose Teamleistung und für uns alle eine komplett neue Erfahrung.
Am Ende erreichten von den gestarteten 15 TeilnehmerInnen nur drei Männer und zwei Frauen das Ziel am Inn-Salzachblick in Überackern. Sieger bei den Männern wurde in 28:21 Stunden Stefan Wilfinger, bei den Frauen siegte Francesca Ferraro in 31:13 Stunden.