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1. Fränkischer Backyard Ultra und gleichzeitig 1. Backyard in Bayern

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1. Fränkischer Backyard Ultra und gleichzeitig 1. Backyard in Bayern

Rainer´s Lauf-Experiment: 1. Backyard Ultra in Bayern – Extensives Intervall Ausdauertraining wird zum Trend

Intensives Intervall Tempotraining kennen viele von uns aus eigener Erfahrung, aber wer macht schon extensives Intervall Ausdauertraining und dies gar als Wettbewerb ? Der Trend „Backyard Ultra“ ist recht neu mit erst 10 Bewerben seit 2019 in Deutschland. Erfunden wurde dieses neue Laufformat vor 10 Jahren in den USA. Ich wurde erst beim Lesen eines Laufberichtes in der Ultramarathon Zeitung im Frühjahr auf diesen neuen Modus aufmerksam und recherchierte weiter in der DUV Statistik. So fand ich den 1. Fränkischen Backyard in Lauf an der Pegnitz am 3./4. Sep. und meldete mich zu diesem familiären Lauf an – neugierig, wie so ein Bewerb abläuft und wie es bei mir, der ich noch nie Intervalle trainiert habe, laufen würde. Wie oft würde ich „just one more loop“ meistern ?

Worum geht es beim Backyard ? Das konträrste zu sonstigen Bewerben ist: Es gibt kein „finish“, sondern ein „open end“ ! Jede Stunde wird mit akustischem Signal eine 6,7056 km lange Runde (mit oder ohne Höhenmetern) gestartet und alle Teilnehmenden haben exakt eine Stunde Zeit, um wieder an der Startlinie zur nächsten Runde zu stehen. So kommen in 24 Stunden genau 100 Meilen zusammen. Wer seine Runden schneller läuft, hat länger Pause zum Essen und Trinken sowie Ausruhen oder Ausrüstung wechseln und ggf. den Toilettengang. Liest sich toll, doch mit der Zeit werden die Rundenzeiten langsamer und die Pausen kürzer. Es wird immer schwieriger und stressiger mit dem Zeitdruck !

Bei diesem Ausscheidungsrennen wird so lange gelaufen, bis nur noch EINE Person übrig ist, die auf ihre letzte Runde geht und diese auch innerhalb einer Stunde bewältigt. Dies ist die Last Woman oder der Last Man Standing. Alle anderen scheiden sukzessive aus, weil sie nicht mehr können oder wollen bzw. die Runde nicht mehr in einer Stunde mit Laufen und Gehen packen. Es gewinnt also nicht die schnellste Person, sondern die ausdauerndste. Von großem Vorteil kann es dabei sein, ein Rund-um-die-Uhr Unterstützer-Team im Start- / Zielbereich dabei zu haben.

         

Wie lief es bei mir im Städtchen Lauf am Sportplatz des SK Heuchling ? Am Freitag um 15 Uhr trillerte zum 1. Mal die Pfeife aus dem Mund der Organisatorin Juliane Jemetz und gingen 30 Aktive auf die ihnen noch unbekannte vermessene Strecke. Diese hatte 93 Höhenmeter und verlief überwiegend im Wald und teils im offenen Gelände auf Forst- und Fahrwegen sowie über Wiesenpfade. Neben den Höhenmetern waren aber auch anspruchsvolle Trailabschnitte mit Wurzeln und Sand zu meistern; dazu hinterließen in der 1. Runde auch einige berittene Pferde ihre tiefen Spuren auf einem Teilstück. So waren von Beginn an Gehpassagen sinnvoll, die sich vor allem in der Nacht mit Stirnlampe und abnehmenden Kräften in die Länge zogen.

Die ersten Runden packten viele gemütlich und plaudernd – so wie ich – in 45 Minuten (etwa 6:45 min/km), manche auch in 35, andere in 50 Minuten und genossen beim Pausieren die Top-Verpflegung inklusive belegter Schinken- und Käsebrote sowie frisch gebackenem Leberkäse. Doch mit der Dämmerung in der 5. Runde stiegen die ersten Läufer/innen aus und trugen sich in die ausgelegte und stündlich mit ihrer Laufzeit zu ergänzenden Liste als DNF ein (did not finish). Das Feld der Wiederstarter reduzierte sich mit jeder weiteren Stunde, zumal es in der Nacht mit rund 9 Grad und zunehmender Feuchtigkeit recht ungemütlich wurde – für die Laufenden, Pausierenden und vor allem die Betreuenden.

Meine Rundenzeiten verlangsamten sich bis zu 50 Minuten nach 10 Stunden. Eigentlich wollte ich mit 67 km aufhören, aber ich packte noch 2 Runden drauf mit 53 Minuten (fast 8 min/km). So kamen in 12 Stunden doch 80,5 km mit 1.116 Höhemeter zusammen und trug ich mich zufrieden als DNF ein. Juliane hängte mir meine „Medaille“ um den Hals – eine Trillerpfeife ! Vielleicht hätte ich noch 3 Runden im Zeitlimit geschafft, doch die 100 km will ich ja erst beim BALU Spendenlauf am 18. Sep. in Altötting voll machen. Toll ist bei diesem Laufmodus, dass man selbst entscheiden kann, wann es „gut“ ist und die Leidenschaft oder gar das Leiden beendet ist.

Nach der 13. Runde beendete die einzig verbliebene Dame ihren Lauf und schmolz das Feld auf 8 Aktive zusammen. Ich legte mich ein paar Stunden zum Schlafen ins Auto. Als ich morgens um 9 Uhr bei wärmender Sonne wieder an der Startline stand, liefen nur noch 3 Herren jede Runde zusammen. Sie hatten sich zum Zwischenziel erkoren, die magischen 24 Stunden = 100 Meilen zu packen, bevor es ums Finale gehen sollte, also wer am längsten durchhält. Leider musste um 11 Uhr ein Herr einer Verletzung vorbeugend aufgeben und blieben noch zwei müde, aber gut gelaunte Läufer übrig. Im Fachjargon heißt dies der Assist und der einzige Finisher. Dieser muss ja nur eine Runde mehr packen als sein Assist leisten kann; aber wann ist es so weit, dass der letzte Aufgeber auch aufgibt ? So wie vermutet, überließ der Assist dem Finisher die letzte und 25. Runde allein und gewann Florian Bachmaier als erfahrener Langstreckler seinen ersten Backyard. Wie viele Runden er noch gepackt hätte, steht in den Sternen.

           

Kaum zu glauben, aber die beste Deutsche, Marina Kollassa aus Bottrop, hat bei ihren Backyards als Bestleistung 51 Loops = 342 km aufzuweisen; der weltbesten Dame stehen 68 Loops = 456 km und dem weltbesten Herrn unfassbare 81 Loops = 543 km zu Buche; also 3 Tage und 9 Stunden lief er fast pausenlos jede Stunde seine 6,7 km ! Der nächste Backyard in unserer Umgebung startet am 16. Okt. um 9 Uhr – der relativ flache Austria Backyard in Seekirchen am Wallersee östlich von Salzburg. Aktuell sind 80 von gut 100 erlaubten Teilnehmern gebucht. Wer will noch melden zu diesem originellen Ausdauer-Intervall-Training ?

Text und Fotos von Rainer Leyendecker