Günther erfolgreich beim UTFS – Ultratrail Fränkische Schweiz
Ein Trail der Superlative am 20. April durch die Fränkische Schweiz und erste Standortbestimmung für den TAR
– – – Text von Günther , Fotos von Günther und Michael – – –
Wieso meldet man sich zu so einem verrückten und anspruchsvollen Rennen an, das eigentlich nur für echte Trailprofis geeignet ist (darunter zähle ich mich zum aktuellen Zeitpunkt definitiv nicht!) ? Diese Frage hat ihre Berechtigung, aber es gibt auch eine Antwort darauf: Ich wollte eine realistische Standortbestimmung für mein großes Vorhaben „TAR“ im September (den Transalpine Run, 7 Etappen von Garmisch nach Reschensee, 266 km mit fast 17.000 Höhenmetern rauf wie runter).
Respekt hatte ich neben dem Streckenprofil (66 Kilometer mit 2.760 Höhenmetern) vor allem vor dem engen Zeitlimit von 12 Stunden. Und dann kam auch noch das miserable Wetter der Vortage hinzu. Die Trails waren durch den Dauerregen komplett aufgeweicht, was auf vielen Passagen eine rutschige und schlammige Angelegenheit erwarten ließ, vor allem für die Läufer im hinteren Bereich des Feldes.
Zum Glück hatte sich das Wetter über Nacht nach dem Dauerregen am Freitag gebessert und so stand ich am Samstag kurz vor 7 Uhr zusammen mit SV Schwindegg Vereinsmitglied Michael Nitzsche (mit dem ich angereist war), Andrea Strobl und den anderen Startern, die sich durch das schlechte Wetter nicht abschrecken haben lassen, an der Startlinie in Ebermannstadt.
Das Ganze war auch als Test für mein neues Equipment gedacht, der Forerunner 945 mit dem GPX-Track, die neuen Leki-Stöcke und der voll bepackte Laufrucksack von Dynafit. Das alles hatte ich vorher nur in zwei kleineren Trainingsläufen ausprobiert, die harte Bewährungsprobe stand jetzt bevor.
Punkt 7 Uhr erfolgte der Startschuss und das Feld mit über 360 Läufern machte sich bei leichtem Regen auf die Strecke und das große Abenteuer konnte beginnen. Gleichzeitig wurden bei diesem Lauf auch die Bayerischen Meisterschaften im Ultratrail ausgetragen – nur über diesen Weg und ein Zusatzkontingent zur BM waren Michael und ich überhaupt noch an einen Startplatz gekommen. Die originär 400 Startplätze waren bereits nach wenigen Tagen weggebucht.
Wie so oft bei so frühen Starts hatte ich in der ersten Stunde wieder mit einem flauen Magengefühl zu kämpfen, das sich dann aber zum Glück nach 8 km bei VP1 legte. Kurz danach kam eine längere Gefällstrecke und ich kam halbwegs gut in meinen Rhythmus. Aber dann nahm das Drama am Fuß des Berges bei km 10 seinen Lauf.
Ich verpasste die richtige Abzweigung, weil ich zwei anderen Läufern folgte und anstatt genauer auf meine Uhr zu schauen (die die Abweichung auf jeden Fall moniert hat), liefen wir zu dritt versehentlich auf der Strecke des 33 km langen Speedtrails mit 1.380 hm weiter, ohne dies zu merken. Erst nach ca. 3 km schwante mir, dass wir falsch unterwegs waren, da ich plötzlich laut meiner Uhr wieder auf der richtigen Strecke war, aber es nur noch 17 km bis zum Ziel war.
Jetzt war guter Rat teuer ! Entweder weiterlaufen und das Ganze außerhalb der Wertung mit einem 30 km Trainingslauf beenden oder umkehren und versuchen, es trotz des großen Zeitverlustes von einer knappen Stunde doch noch innerhalb des Zeitlimits zu schaffen. Ich wollte den anderen beiden Läufern auch noch eine Info über das Malheur zurufen, aber leider war der Abstand zu groß und sie konnten mich nicht hören und liefen weiter. So entschloss ich mich in dieser schwierigen Entscheidungslage umzukehren, was wohl sonst kaum jemand in dieser Situation gemacht hätte.
Ich fand schließlich die Abzweigung, an der ich falsch abgebogen war und versuchte mich irgendwie allein auf weiter Flur zurechtzufinden. Es waren kaum noch Markierungen zu finden. Denn wie ich später erfahren sollte, war der „Besenwagen“ schon längst durch und hatte alle weißen Markierungsbänder mitgenommen. So war ich in dem schwierigen Gelände hauptsächlich auf meine Uhr mit dem Track gestellt. Irgendwann kam ich dann aus dem Wald an eine Straßenkreuzung, wo zum Glück noch ein Sanitätswagen stand.
Dort teilte man mir mit, dass der „Besenläufer“ schon vor ca. 20 Minuten durch sei und es wenig ratsam sei, auf der originären Strecke ohne Markierungsbänder weiterzulaufen. Jetzt war erneut guter Rat teuer ! Ich wollte ja das Rennen unbedingt fortsetzen und erfolgreich beenden. Ein Anruf bei der Rennleitung brachte dann die Idee, dass ich versuchen sollte, über die Straße nach Gößweinstein zu laufen, um dort dann wieder auf die Strecke zu kommen. Falls ich dort vor dem „Besenradler“ ankommen würde, dann könnte ich das Rennen fortsetzen.
Diese Option wollte ich natürlich unbedingt nutzen und ich schaffte es tatsächlich, rechtzeitig auf die Strecke zu finden. Nochmals folgte ein kurzes Telefonat mit der Rennleitung und es konnte weitergehen. VP2 war damit für mich hinfällig und ich hatte durch die längeren Diskussionen zur Lösungsfindung bestimmt nochmals 15 Minuten verloren, lag aber immer noch vor den Cut-Off Zeiten und hatte endlich wieder eine gut markierte Strecke vor mir.
Kurz vor VP3 konnte ich nach vielen Stunden einsamen Laufens endlich zu einer Teilnehmerin auflaufen. Was für ein Erfolgserlebnis ! Gut gestärkt brach ich von VP3 etwa 15 Minuten vor dem Cut-Off auf. Die Strecke verlangte einem wirklich alles ab und selbst die Bergab-Passagen, wo ich gehofft hatte, Zeit gut machen zu können, waren oft wie Schmierseife, garniert mit Wurzeln und Steinen. Da war viel Konzentration und Vorsicht gefordert. Zwischendurch gab es auch Steintreppen und felsige Passagen.
Zumindest kam von oben nur zeitweise Regen oder ein Graupelschauer, zwischendurch ließ sich sogar die Sonne blicken und öffnete den Blick auf das frische Grün an den Bäumen oder auf die Burgen und einzigartigen Höhlen und Felsformationen. Aber der Blick musste meistens auf den Boden gerichtet bleiben, um nach Möglichkeit einen Sturz zu vermeiden. Ohne meine Trailstöcke wäre das alles ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen, die haben wirklich gute Dienste geleistet.
Zwischendurch konnte ich immer mal wieder einzelne Läufer überholen, das machte ein wenig Mut und ich war immer noch guter Dinge, dass ich es am Ende trotz meiner Zusatzschleife am Anfang noch unter 12 Stunden schaffen könnte. Aber da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn ausgerechnet das letzte Drittel des Kurses war das Schwierigste mit jeder Menge Höhenmetern bei anspruchsvollem Terrain, insbesondere die 12 km zwischen VP4 und VP5.
Ich konnte zwar wieder ein paar Plätze gutmachen, hatte aber nach VP5 letztendlich statt der erhofften 90 Minuten nur ca. 75 Minuten für die letzten 8 km, auf den leider nochmals rund 300 hm zu bewältigen waren. Nachdem der Kurs ja inzwischen auch von den Teilnehmern des Speedtrails durchgepflügt worden war, ging es am letzten Anstieg selbst mit Stöcken kaum noch voran. Das kostete sowohl Kraft als auch wertvolle Minuten.
Beim letzten steilen Downhill versuchte ich nochmal alles und konnte dabei auch kurzzeitig an einem Laufkollegen vorbeiziehen, aber mit Blick auf die Uhr war mir klar, dass es für die 12 Stunden nicht mehr reichen konnte. Zu allem Überfluss verpasste ich dann auch noch die letzte Abzweigung und lief ca. 100 Meter in die falsche Richtung, das war es dann wohl endgültig. Aber ich ging natürlich davon aus, dass es der Veranstalter nicht ganz so eng mit den 12 Stunden Zeitlimit nehmen würde – und so war es dann auch.
Ein paar hundert Meter vor dem Ziel wurde ich dann freudig von Michael in Empfang genommen, der sein Rennen bravourös nach 8:55 Stunden beendet hatte, und mich bis ins Ziel begleitete, wo ich nach 12:06 Stunden freudig und überglücklich meine 3,25 ! Kilogramm schwere Medaille als einer der ältesten Teilnehmer in Empfang nehmen konnte.
Am Ende zeigte meine Uhr genau 74 km und damit gut 6 km Umweg. Ohne meinen Fauxpas hätte ich es wohl auf jeden Fall deutlich unter 11 Stunden geschafft. Das Ganze brachte mir von Andrea, die nach 9:49 Stunden das Ziel erreichte, die Bezeichnung „Mental Monster“ ein, was die Sache schon irgendwie trifft.
Auf jeden Fall ist der Härtetest mit der unfreiwilligen Zugabe hervorragend gelungen; dies gilt auch für das gesamte Equipment. Jetzt heißt es vor allem speziell Up- und Downhills im alpinen Gelände zu trainieren, damit ich für die nächsten Herausforderungen wie die schweren Zugspitz Trails Mitte Juni ( zuerst starte ich beim Garmisch Trail mit 29 km und 1.440 hm und tags darauf beim Leutasch Trail mit 68 km und 2.870 hm) und natürlich vor allem für meinen Traum, den TAR bestmöglich gerüstet bin.
Auf jeden Fall war es ein sehr schöner gemeinsamer Ausflug mit Michael, mit vielen sehr guten Gesprächen. Immer gerne wieder. Gut, dass wir noch am späteren Samstag Abend zurück gefahren sind, am Sonntag Morgen hätten wir alles tief verschneit vorgefunden. Jetzt ist erst mal Regeneration angesagt !
Hier noch Rainers statistische Auswertung zum Event:
Insgesamt kamen beim Ultratrail von den 473 gemeldeten Teilnehmern nur 356 in die Wertung, wobei sich die 117 Personen aus Nichtstartern und Nichtfinishern zusammen setzen. Beim Speedtrail kamen 283 Personen ins Ziel. Bei diesem Event gab es nur drei Altersklassen: Men / Women , Masters Men / Women und Senior Masters Men / Women ab 55 Jahre aufwärts.
Bei den Senioren belegte ich in der offenen Wertung den 37. Rang und in der DUV Statistik werde ich als 6. M65 geführt. Bei der Sonderwertung der Bayerischen Meisterschaft, für welche man einen Startpass haben musste, gab es 186 Finisher sowie 17 DNF und 83 DNS ! Bei der BM rangiere ich auf dem 11. Platz der Senior Masters Men und bin ich der älteste Finisher.