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Soweit die Füße tragen: Rainer Leyendecker und Günther Weitzer trotzen der Hitze beim Bienwald Backyard Ultra

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Soweit die Füße tragen: Rainer Leyendecker und Günther Weitzer trotzen der Hitze beim Bienwald Backyard Ultra

Eigentlich Temperaturen, bei denen man nach jedem freien Platz im Schwimmbad sucht oder besser gar nicht aus dem Haus geht und auf keinen Fall größere körperliche Anstrengungen unternimmt. Doch für Ultraläufer gelten diese Regeln nur bedingt und so standen Rainer und ich am Freitag, den 17. Juni zusammen mit 32 anderen Backyard Begeisterten um 8 Uhr an der Startlinie des 3. Bienwald Backyard Ultra, zu dem Michael Ohler – einer der besten deutschen Backyard Ultraläufer – nach Kandel bei Karlsruhe eingeladen hatte.

Beim Backyard geht es darum, möglichst oft eine Runde von 6,7 Kilometern innerhalb einer Stunde zu absolvieren. Das Rennen wird nach jeder Stunde mit einem Countdown neu gestartet, bis am Ende nur noch ein Läufer oder eine Läuferin übrig ist (Last One Standing). Dieses neue Laufformat kam 2011 aus den USA und findet seit einigen Jahren auch in Europa immer mehr Anhänger. Inzwischen liegt der im Mai in Deutschland aufgestellte neue Weltrekord bei unglaublichen 90 Stunden und 603 Kilometern – kaum vorstellbar wie man so lange ohne Schlaf auf der Strecke bleiben kann. Doch so hoch gesteckt war unser Ziel natürlich nicht, wir hatten uns die 100 Kilometer Marke mit 15 Runden vorgenommen, was bei der Hitze bis zu 35 Grad schon etwas verwegen schien.

           

     

Die Tagstrecke, auf der die ersten 13 Runden gelaufen wurden, führte zum Glück zu einem großen Teil durch den Schatten spendenden Wald, trotzdem war die Hitze natürlich die größte Herausforderung für alle Teilnehmenden. Besonders eine freie Passage über das Feld sowie die Stadionrunde lagen in der prallen Sonne und auch im Wald war auf den teils trailigen Strecken höchste Konzentration gefordert, um nicht über eine der zahlreichen Wurzeln so stolpern (auch wenn diese zumindest gut markiert waren).

Unser Basecamp auf dem überwiegend schattigen Wall um den Sportplatz lag zufällig neben dem des italienischen Paares. Rainer hatte zuvor in der DUV Statistik recherchiert, dass alle gemeldeten Teilnehmer zusammen 876 Ultras aufzuweisen haben, 11 Teilnehmer unter 10 und 4 Teilnehmer noch gar keine. Wir beide und das sehr Backyard erfahrene Paar waren die ältesten Teilnehmer in den AKs 60 und 65 und hatten gleichzeitig die meiste Ultralauf-Erfahrung zu Buche stehen: Sonia mit 63 Ultras schon 10.565 km, Roldano mit 126 Ultras gar 22.300 km, Rainer mit 135 Ultras gerade 10.103 km und ich selbst nach 61 Ultras schon 4.770 km in der DUV Statistik. 

Nach 8 Runden und gut 53 Kilometern strichen die ersten Teilnehmer die Segel, für manche war es zudem erst der erste Ultralauf. Rainer und ich kämpften uns tapfer mit Laufzeiten um die 50 Minuten Runde für Runde unserem Ziel näher. Viel Zeit zum Ausruhen und Energie tanken bestand nicht, bevor der Countdown nach drei, zwei und einer Minute unerbittlich den Start zur nächsten Runde einläutete.

Als nach 13 Stunden der Wechsel von der Tag- auf die Nachstrecke erfolgte, war das Ziel schon realistisch in Sicht. Die neue Runde außerhalb des Waldes und überwiegend auf Teerstraßen machte mir ziemlich zu schaffen und ich war froh, das Ziel nach 54 Minuten erreicht zu haben. Kaum Zeit, um sich ein wenig für die entscheidende 15. Runde zu erholen. Aber diese lief für mich, beflügelt von der Euphorie, mein Ziel nun in greifbarer Nähe zu haben, richtig gut und ich konnte diese Runde nach 51 Minuten sogar vor Rainer beenden. Wir hatten die 100 Kilometer gepackt.

       

Marlyn hielt unseren glücklichen Moment in einem gemeinsamen Zielfoto fest, bevor es in die nächste Runde ging. Leider war es die letzte für mich, da ich auf der zweiten Hälfte zunehmend Probleme mit Kreislauf und Übelkeit bekam und die 17. Runde daher nicht mehr in Angriff nehmen konnte (107,3 km). Rainer absolvierte diese noch erfolgreich (114 km). So konnten wir beide überaus zufrieden auf ein herausforderndes Rennen zurückblicken, in dem wir beide unsere persönliche Backyard Bestleistung um ein paar Runden nach oben geschraubt hatten und damit auch in den Bestenlisten in unserer AK gut platziert sind.

       

In der aktuellen Weltjahresbestenliste findet sich Rainer auf dem 3. Platz seiner AK 65 wieder und ich rangiere in meiner AK 60 auf dem 10. Rang. Doch dies ist nur eine Momentaufnahme, denn wir werden im Laufe des Jahres noch einige Positionen nach unten rutschen. Rainer freute sich nach diesem Lauf auch über ein weiteres Jubiläum, denn nun hat der 15.000 Wettkampf-Kilometer absolviert.

Das Rennen war natürlich noch lange nicht zu Ende, auch wenn die Teilnehmerzahl von Stunde zu Stunde schrumpfte. Nach 18 Runden machte ich mich um zwei Uhr nachts auf den Weg zu meinem Hotel. Vorher verabschiedete ich mich noch von unserem Lauffreund Ramin, den wir nach langer Zeit mal wieder persönlich getroffen hatten und der am Ende 20 Runden auf seinem Konto verbuchen konnte.

Als ich nach dem Frühstück um 10 Uhr wieder im Stadion war, erfolgte gerade der Start zur 27. Runde – drei Läufer waren noch im Rennen. Eine Stunde später waren es nur noch zwei. Letztendlich siegte Norman Mascher nach 30 Runden und gut 201 Kilometern vor Tim Weißbach und sicherte sich damit auch das begehrte Silver Ticket für die Teilnahme im Team Deutschland bei den Big Dog´s Satellite Weltmeisterschaften Mitte Oktober. Dabei absolvierte er seine letzte Runde in unglaublichen 31 Minuten; das hätte wohl noch für ein paar Runden gereicht. Beste Frau wurde Tanja Höschele mit 26 Runden und 174,4 Kilometern.

       

                                             

Insgesamt hat sich unser Ausflug in den Bienwald auf jeden Fall gelohnt – ich habe richtig Gefallen am Backyard Format gefunden und bin glücklich, mal wieder eine Strecke über 100 Kilometer absolviert zu haben. Sehr gut gefallen hat mir auch die familiäre Betreuung durch das Orga-Team rund um Michael Ohler – vielen Dank dafür!

Text von Günther Weitzer ; Fotos von Marlyn Leyendecker und Günther